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Ein Kurzurlaub in den Bergen

Vor einer Woche, bekamen Emma und ich Besuch von Luiz, Theo und Arne, die World-Horizon Freiwilligen aus Süd Afrika. Wir verbrachten hier einen Tag zusammen und sind am Folgenden auf die mehr als siebenstündige Fahrt in die Drakensberge aufgebrochen. Das Straßennetz in Lesotho ist nicht so komplex ausgebaut wie beispielsweise das in Deutschland, somit war es nicht möglich die Strecke gerade durch das Land zu fahren. Wir mussten dann also einmal rund um Lesotho fahren um, laut Navi, die schnellste Strecke zu nutzen. Eine so lange Autofahrt wird jedoch immer, egal wie gut oder „gut“ die Musik, die Begleitung und das Auto ist, zu einer nervtötenden Angelegenheit. Unsere Fahrt wurde zusätzlich noch mit längeren Pausen an der Grenze unterbrochen, da wir an die Abläufe der Grenzkontrolle nicht gewohnt waren. Man muss (meist) selbst anhalten und sich einen Ausreisestempel im einen Land holen; anschließend geht es über die Grenze, nur um auf der anderen Seite dasselbe mit einem Einreisestempel zu erledigen. Da wir fünf die Abläufe, Regeln und Strukturen nicht ganz nachvollziehen konnten, war es für uns alle sehr anstrengend und wir waren sehr froh als wir die Grenzen passiert hatten. Nach ein paar weiteren kurzen Pausen und Fahrerwechseln erreichten wir dann schließlich unser gemietetes Haus. Für mich bedeutete dieses Haus einen wahnsinnigen Luxus und die erste Dusche seit 6,5 Wochen. (Ich habe mich natürlich auch in der Zeit gewaschen, allerdings immer mit Hilfe einer Plastik-/Waschschüssel). Meine Gefühle waren bezüglich des Luxus allerdings sehr zwiegespalten. Klar, ich kann und will nicht leugnen, dass ich mich sehr über die Dusche gefreut und sie auch genossen habe, trotzdem begann es sehr stark in mir zu arbeiten. Abgesehen von einer Angestellten die sich um gemachte Betten und ähnliches kümmerte, waren es Umstände, wie man sie auch in Deutschland gewohnt ist. Wir hatten eine Dusche, eine Toilette mit Spülung sowie Waschbecken mit fließendem Wasser, zusätzlich eine komplett ausgestattete Küche mit Kühlschrank, Gefrierfach, Spüle und Co. … Es ist ein absoluter Postkartenspruch, aber es stimmt nun mal, dass man erst merkt was man hatte wenn man es nicht mehr hat. Allerdings sehe ich es für mich nicht so, als hätte ich hier etwas verloren, ich habe durch das Entbehren einiger Luxusgüter eher einiges gewonnen. Es ist die Einstellung der Menschen hier, die abfärbt und auch die eigene Wahrnehmung und die Gedanken die in einem arbeiten. Sicher ist allen klar, dass die Menschen hier deutlich weniger Geld und Eigentum haben, als beispielsweise ein Durchschnittsdeutscher. Den Leuten ist dies auch bewusst, es ist also nicht etwas das vollkommen ignoriert oder gar nicht wahrgenommen wird. Trotzdem scheint es kein ständiger Gedanke in ihren Köpfen zu sein, vielmehr etwas das man sich hin und wieder mal überlegt. Die Menschen hier scheinen, mit dem was sie haben, auch nicht wirklich unzufrieden zu sein. Ich denke diese Eigenschaft ist eine Folge aus der Kultur, der Mentalität, der Erziehung und auch der Gedankenmuster der Basotho. Da ich nahezu (zumindest in manchen Punkten) auf der gleichen Ebene wie die Menschen hier lebe, sind die Lebensbedingungen und –standarts zu einer Normalität und Gewohnheit geworden über die ich schon garnichtmehr nachdenke.

Als wir in dem Haus angekommen sind, habe ich mich daher dann unglaublich fehl am Platz gefühlt. Es fühlte sich an, als ob in solche Häuser nur die „reichen, weißen“ gehen, was in gewisser Weise ja auch stimmt. Es war alles abgehoben und auch irgendwie nicht mehr auf meinem Lebensstandard, oder vielleicht besser ausgedrückt: Es war sehr seltsam all die Sachen zu haben während ich wusste, dass zuhause alle ohne dieselben leben. Für ein paar Tage ist es dann ja auch vielleicht okay, wenn ich mir dann aber überlege, dass ich in Deutschland all dies ja als selbstverständlich gesehen habe, während die Leute hier mit ganz anderen Dingen schon zufrieden sind, ist es einfach seltsam. Entschuldigt, die richtigen Wörter finde ich momentan nicht so ganz…

Abgesehen von dem Haus gibt es natürlich noch deutlich mehr über den Urlaub zu berichten. Leider hat uns das Wetter nicht ganz in die Karten gespielt, sodass wir nicht so viel raus gehen und wandern konnten wie geplant war… Da Theo an einem der Tage Geburtstag hatte, wollten wir aber natürlich etwas Besonderes unternehmen. Der Tag wurde schon nachts mit einem Supermarkt-Schokokuchen und Gin Tonic eingeleitet, wobei die kulinarische Besonderheit auch bei einem Frühstück mit Kaiserschmarrn, Nutella und Mango-Orangensaft nicht endete. Eine große Wanderung war aufgrund des Wetters und der fortgeschrittenen Uhrzeit nicht wirklich möglich weshalb wir dann versuchten, bei zwei verschiedenen Anbietern, einen Ausritt zu buchen. Leider waren diese der Meinung, dass der leicht nasse Boden für die Pferde zu rutschig wäre, wodurch dies dann auch nicht klappte. Somit landeten wir dann doch wieder bei einer kleinen Wanderung auf einen „Berg“, bei der wir von drei Hunden des einen Hofes begleitet wurden. Oben angekommen gab es für uns Acht erstmal eine kleine Pause inklusive tollem Ausblick, verschiedenen „Fotoshootings“ und kleinen Kuschelrunden für die Hunde. Die restliche Zeit bestand hauptsächlich aus den Überlegungen/Diskussionen was wir machen könnten ohne es dann wirklich umzusetzen, einer winzigen Bootstour im Ruderboot, Ausflügen in den (für unsere Verhältnisse) riesigen Supermarkt und mehreren Runden „Wer bin ich?“.

Ein weiteres Highlight waren doch auch noch die Autofahrten. Damit meine ich nicht den Platzmangel oder Ähnliches, sondern eher die atemberaubende Aussicht die sich teilweise ergab. Allerdings wurden die Berge, Gesteinsformen und Landschaft definitiv durch die Auslöser folgender überraschter Aussagen gekrönt: „Zebras!“ und kurz darauf: „Affen!“. Wir waren auf der Straße durch einen Nationalpark als wir plötzlich 500m von uns entfernt einige Zebras weiden sahen. Wir waren alle ziemlich überrascht und hielten weiter Aussicht nach den gestreiften Vierbeinern als wir eine Viertelstunde später einige Affen am Straßenrand sitzen sahen. Diese Begegnung wird wahrscheinlich jedem von uns noch lange im Gedächtnis bleiben, vor allem da auf der Rückfahrt auch noch gute Bilder von den Tieren geschossen wurden.

Ein weiterer Punkt den man bezüglich der Autofahrt erwähnen kann, ist das linksfahren. Ich wusste natürlich durch den Wikipediaartikel über Lesotho dass hier (sowie in Südafrika) Linksverkehr herrscht, trotzdem ist es dann nochmal etwas anderes dies dauerhaft zu erleben. An das geradeaus Fahren auf der linken Seite gewöhnt man sich recht schnell, nur beim Abbiegen oder kurzen Blick in ein vorbeifahrendes Auto, kann das Herz einmal kurz aussetzen. Allerdings kann ich auch hier sagen, dass ich dies so langsam abgespeichert habe, wer weiß, vielleicht wird bald der Gedanke an das Lenkrad auf der linken- und das Fahren auf der rechten Seite ungewohnt.

Mittlerweile sind wir alle wieder Zuhause, Emma und ich in Motsekuoa und die Jungs in Soweto (Johannesburg) und der „Alltag“ geht wieder los. Geplant war dass wir uns nun mit unseren Ansprechpartnern zusammensetzen und über die kommende Zeit reden und sie strukturieren.

Drückt uns die Daumen, dass es klappt;)

Sala hantle

Selina



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