Wieder zurück im Hier und Jetzt
- selinameetslesotho
- 9. März 2018
- 6 Min. Lesezeit
Wow, ich bin schon über die Halbzeit geschossen, irgendwie unrealistisch, oder? Erst gestern habe ich auf Mathildas (Kolumbien) Blog über ihre Halbzeit gelesen und nochmal mehr realisiert, dass die Halbzeit ja nun wirklich da und auch schon verstrichen ist… Die Zeit lief so schnell, so langsam und vor allem so durcheinander. Es ist vielleicht auch dem ein oder Anderen aufgefallen, dass ich in letzter Zeit nicht so viel von dem Projekt, dem Alltag und Co. berichtet habe, das letzte wirkliche Mal war tatsächlich im November. Nun, das hatte den Grund, dass es alles immer Mal ein wenig kompliziert war. Doch lasst mich erst mal ein wenig berichten….
Als wir aus dem Dezember-Urlaub zurück waren hatten die Kinder ja Sommerferien, weshalb einige ihre Verwandten besuchen waren und nur noch eine überschaubare Anzahl da war. Für den Anfang wussten wir also erst mal nicht genau was tun, im Endeffekt haben wir dann immer wieder in kleinen Gruppen gemalt und gespielt, sind gewandert und haben gekocht/gebacken. Über Weihnachten und Silvester hatte ich ja schon einmal geschrieben (siehe „Fragen die jeder stellt“), zusätzlich waren wir noch zwei weitere Male in Roma, um Geburtstage zu feiern.
Als die Sommerferien dann verstrichen waren, stand für uns dann auch schon das Zwischenseminar an. Hierfür trafen wir uns mit unserem Länderleiter Kimon und den drei Südafrika Freiwilligen in Jeffreys Bay, ein Ort in der Nähe von Port Elizabeth. Während des 10-Tägigen Seminars ist eine Menge passiert, wir haben viel erlebt und natürlich auch viel besprochen. Wir waren beispielsweise Surfen, haben ein Seminar Video gedreht (sollte bald auf der World-Horizon facebook Seite hochgeladen werden) und haben das luxuriösere Essen genossen. Doch, wie sollte es anders sein, auch das Seminar ist nicht ohne Probleme verstrichen. Emma und ich hatten bei unserer Einreise nach Südafrika nur noch ein 7-Tages Visum bekommen, da wir unser 90-Tage Visum schon beansprucht hatten. Man bekommt dieses als Ersteinreisender, will man erneut eines haben, muss man es entweder schon früh beantragen oder zwischendurch zurück in sein Heimatland. Wir hatten daran leider gar nicht gedacht, sodass wir dann erst mal vor einem riesigen Fragezeichen standen. Leider war auch durch verschiedene Telefonate oder Anfragen keine Verlängerung des Visums möglich. Für uns stand also fest: wir müssen früher gehen. Da sich Arne aber bereiterklärte mitzukommen, um sich die Fahrzeiten mit mir aufzuteilen, beschlossen wir einen „Tagesausflug“ nach Lesotho zu machen und am selben Tag wieder zurück zu fahren. Hört sich ja erst mal nicht so schlimm an, man sollte aber dazu wissen, dass die Fahrt bis zur nächsten Lesotho-Grenze 8 Stunden ging. Wir fuhren also morgens gegen kurz nach 4 los, begegneten im Wohnzimmer noch den anderen drei, die die Nacht zusammen mit Superbowl durchgemacht hatten und kamen dann abends gegen 10 wieder zurück. Ein ziemlich langer und straßenlastiger Tag also… Vielen Dank nochmal für deine Hilfe, Arne!
Neben Spaß und Aufregung standen aber selbstverständlich auch verschiedene Seminareinheiten zu beispielsweise Vorurteilen, der Geschichte Südafrikas und Weltwärtskritik auf dem Plan. Zusätzlich hatte jeder von uns eine kleine Präsentation vorbereitet, durch welche wir alle das letzte halbe Jahr reflektierten und auch Ziele und Erwartungen für die Zukunft setzten. Vor allem auch durch den Abstand zu dem Projekt war es etwas leichter, eine beobachtende Rolle einzunehmen, durch die man das Ganze in einem objektiveren Licht betrachten konnte.
Gerade auch für uns zwei war dies sehr gut. Wir reflektierten eine Menge, dachten nach und besprachen und beschlossen dann schließlich unsere Einsatzstelle zu wechseln.
Diese Entscheidung war weder einfach noch leicht oder überschnell beschlossen. Tatsächlich beschäftigten wir uns schon eine lange Zeit mit dem Gedanken, sahen es aber lange Zeit nicht als „richtig“ an. Dennoch entschieden wir uns nun beim Seminar dafür, wir sahen unter anderem wie Freiwilligendienste aussehen können/sollten und wurden uns auch klar darüber, was wir dieses Jahr noch gerne machen würden.
Ich befinde mich momentan in einem Zwiespalt, weiß nicht wirklich was ich schreiben will/kann und auch wie viel bzw. wie viel nicht. Genau so ging es mir auch in der letzten Zeit, wobei ich diese Frage dann einfach mit Offtopic-Einträgen umgangen bin. Für euch ist der daher Beschluss vermutlich sehr überraschend, ich wollte allerdings weder überschnelle Gedanken, noch unsichere Theorien über die Zukunft hochladen. In dem Fall, bitte versteht dass ich euch eine Zeit lang im Dunklen gelassen habe.
Es ist schwer bei einer Erklärung nicht in die eine oder andere Richtung abzudriften, somit kann es vielleicht ja auch reichen zu sagen: „Es hat alles nicht ganz so geklappt, wie wir es uns alle vorgestellt haben.“ Der Entschluss liegt weder in der Schuld des Waisenheims, der Kinder noch in unserer. Wir werden auch in Zukunft noch in Kontakt mit den Angestellten und Kindern bleiben. Geplant sind einige Besuche an Wochenenden, an denen wir dann auch noch ein paar Dinge mit den Kids unternehmen können.
Das Ganze hieß dann also für uns erst mal nochmal eine Menge Arbeit, sobald wir vom Seminar zurück waren. Wir malten im Waisenhaus noch den Raum fertig, in dem wir angefangen hatten zu streichen. Parallel waren wir fast durchgängig in Maseru, am Telefon oder am Recherchieren auf der Suche nach einer möglichen Einsatzstelle. Wir besuchten auf unserer Suche dann verschiedene Organisationen, Gruppen und auch Ministerien in der Hoffnung dass wir ein passendes Projekt finden. Ungefähr zwei Wochen nach dem Seminar hatten wir dann eine kleine Auswahl und versuchten das Beste für uns zu wählen.
Wir entschieden uns dafür hauptsächlich bei der „Disabled and HIV/AIDS Organization Lesotho“ zu arbeiten. Hier werden wir der kleinen Organisation dabei helfen, Workshops zu organisieren, Vorträge zu halten, Events zu planen, Spenden zu sammeln. Da DHAOL unter dem Schirm des „Women’s Council Lesotho“ steht, werden wir auch bei deren Projekten mitarbeiten und dadurch dann auch noch andere Unterorganisationen unterstützen.
Nebenbei werden wir noch bei der recht frisch gegründeten Organisation „Master of healing foundation“ mitarbeiten. Diese sich dafür einsetzt das Leben von Homosexuellen, Transsexuellen, Bisexuellen und Intersexuellen zu verbessern und erleichtern. (Um kein Missverständnis zu erzeugen (wir waren auch kurz verwirrt), das „healing“ im Namen der Organisation steht dafür die Gesellschaft von Vorurteilen, Stigmas und Diskriminierungen zu „heilen“)
Nachdem wir dann die Projekte und auch eine Unterkunft für uns gefunden hatten, zogen wir nach Maseru um. Wir wohnen hier nun seit dem 28. Februar und sind dabei uns einzuleben. Wir haben eine kleine Wohnung mit zwei Zimmern inklusive Bad gefunden, in der wir uns schon nach einem Tag recht gut eingefunden hatten. Dadurch, dass wir nun in der Hauptstadt wohnen, wird sich unser Alltag und auch unsere Freizeitgestaltung vermutlich sehr ändern. Es ist leichter an „Luxus“-Lebensmittel wie Salat, Gemüse und ähnliches zu kommen, daher werden wir unser Essens-Budget wohl auf Dauer zwangsläufig steigern müssen. Außerdem werden wir nun definitiv mehr Stadtleben mitbekommen, mehr auf Events sein, mal weg gehen und vielleicht ja auch Freunde finden^^
Wir haben nun auch schon die ersten Abreitstage hinter uns, wobei es davon noch nicht viel zu berichten gibt. Anfang der Woche fand ein Workshop zum Thema „Projekt Evaluation“ statt, bei dem zusätzlich noch Spenden Anträge ausgefüllt wurden. Da wir noch neu waren und zusätzlich auch nur winzige Brocken Sesotho sprechen, saßen wir die meiste Zeit nur dabei und schrieben das auf was uns übersetzt wurde. Allerdings haben wir nun auch noch besprochen was in nächster Zeit ansteht und was wir (vermutlich) machen werden. Genaueres wird dann nächste Woche besprochen. Außerdem waren wir einen Tag bei der LGTBI Organisation in der Stadt, planten die Website, die wir für sie einrichten werden und überlegten uns zusammen ein paar mögliche Events, die zur Aufklärung und Sensibilisierung durchgeführt werden können.
Insgesamt war diese Woche eher ein Herantasten an die neue Umgebung, die neuen Aufgaben und Leute. Da wir noch keine genauen Arbeitspläne oder Ähnliches haben, wir werden in der nächsten Zeit sehen müssen, was auf uns zu kommt und was wir machen können. Bis dahin gehen wir einfach offen an alles ran und versuchen unser Bestes zu geben.
In Zukunft wird es von mir wieder ein paar mehr Infos geben, wie es so läuft, was ich mache und wie es hier so abläuft. Ich denke und hoffe ihr könnt nachvollziehen dass ich das Ganze in letzter Zeit ein wenig umgangen bin.
Ich wünsche euch nun aus ganzem Herzen alles Gute und Schöne, wünsche euch viel Kraft zum Weitermachen und viel Ausgeglichenheit zum Pausieren!
Eine dicke Umarmung, die oft schon vieles besser machen kann, wünscht euch eure Selina or Relebohile
Und noch Anekdote zum Schluss: Wir waren in Bloemfontain nun schon zwei Mal im selben Guesthouse, ein sehr schönes, gemütliches und heimeliges. Wir saßen beide Male mit dem Besitzerpaar und anderen Gästen zusammen und somit kennen sie uns nun auch schon ein wenig. Das letzte Mal haben wir von der Frau zum Abschied eine „Mum-Hug“ bekommen, da sie der festen Überzeugung war, dass man diese immer mal braucht. Und tatsächlich, man fühlt sich etwas besser danach!^^ So viel also noch zum Thema Umarmung;)

Fahrt zum Seminar

Abendlicher "Run" zum Meer, um Gedanken zu ordnen

Nochmal die Ruhe und die Aussicht genießen

Ein Teil der Wandmalerei, die wir mit den Kids gemacht haben



unser neuer Wandbehang über dem Sofa

Die neue Wohnung
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